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Besteuerung der Digitalen Wirtschaft ante portas – OECD-Vorschlag eines Unified Approach

Die OECD reagiert auf die im Zuge der digitalen Transformation entstehenden neuen Geschäftsmodelle und hat am 9.10.2019 einen Vorschlag zur Verteilung von Besteuerungsrechten vorgelegt. Kernpunkt dieses „einheitlichen Ansatzes“ (Unified Approach) ist eine Anknüpfung an Umsätze unabhängig von der physischen Präsenz. Dieses Konzept wird das internationale Steuersystem grundlegend verändern, das traditionell an Tochtergesellschaften und Betriebsstätten ansetzt.

Unified Approach: Aus Drei mach Eins und neuer Nexus

Anfang 2019 hat die von der OECD eingesetzte Task Force on the Digital Economy drei Vorschläge vorgelegt:

User-Participation-Modell: Hiernach schaffen die User einen Wert, und die Staaten, in dem diese User ansässig sind, partizipieren nicht von der Wertschöpfung (Vorschlag der Gewinnbeteiligung über Residual Profit Split).

Marketing-Intangible-Modell: Nach diesem Ansatz werden in dem Staat der User sog. Marketing Intangibles aufgebaut.

Significant Economic Presence: Dieser Ansatz geht von dem Entstehen eine digitalen Betriebsstätte aus, die durch ihre digitalen Aktivitäten von der lokalen Präsenz profitiert.

Alle drei Ansätze zielen auf eine Ausweitung der Besteuerungsrechte für Staaten ab, in denen sich Kunden oder Nutzer digitaler Geschäftsmodelle aufhalten. Aus diesen drei Ansätzen hat die OECD nun einen „einheitlichen Ansatz“ (Unified Approach) entwickelt. Er soll die sog. Säule 1 bzw. Pillar One bilden, die sich mit der Zuweisung von Besteuerungsrechten an Marktstaaten befasst. Steuerlicher Anknüpfungspunkt bzw. Nexus ist dabei der Umsatz unabhängig von der physischen Präsenz.

Schrittfolge gem. Unified Approach

Der Ansatz sieht vor, dass die Gewinnverteilung unabhängig davon besteht, ob in dem Land, in dem der digitale Umsatz realisiert wird, eine Tochtergesellschaft oder Betriebsstätte besteht. Eine Marketing- oder Vertriebspräsenz oder ein unabhängiger Vertriebspartner sind also nicht mehr Voraussetzung. Bestehende Verrechnungspreisregelungen sollen erhalten bleiben, aber um formelbasierte Lösungen ergänzt werden. Der OECD-Ansatz zur Gewinnaufteilung besteht in einem dreiteiligen Mechanismus, der allerdings noch recht abstrakt ist. Zum besseren Verständnis soll dieser Ansatz nachfolgend mit einer Schrittfolge anschaulicher dargestellt werden, als dies in dem OECD-Vorschlag der Fall ist:

  • (1) Ermittlung des aufzuteilenden Gesamtgewinns (z.B. Konzern-EBIT)
  • (2) Ermittlung des Residualgewinns für Sitzstaat und Marktstaaten durch Kürzung des Gesamtgewinns um Routinevergütungen
  • (3) Vom Residualgewinn erhalten alle Beteiligten Routinevergütungen für Marketing- und Vertriebsfunktionen
  • (4) Der verbleibende Gewinn wird aufgeteilt: Zunächst erhält der Sitzstaat eine Mindestrendite. Übersteigt der verbleibende Gewinn diese Mindestrendite, erhalten die Marktstaaten nochmals einen Teil vom Restgewinn, der andere Teil verbleibt beim Sitzstaat.
  • (5) Für Sonderfälle – etwa wenn ein (Markt-)Staat einen größeren Teil am Gewinn beansprucht – soll ein verbindliches Verständigungsverfahren greifen.

Unsicherheiten bzgl. der Anwendung des Unified Approach

Der Unified Approach greift in die bestehende Verrechnungspreisbildung ein. Wenn bislang die Preise nach dem Fremdvergleichsprinzip gebildet wurden, dann bedeutet der Unified Approach ein Umdenken. Nachdem sich der BFH mit seinem Urteil vom 26.2.2019 über die freie Verrechnungspreisbildung von verbundenen Unternehmen (Art. 9 OECD-MA) hinweggesetzt und auf eine substanzielle Korrektur nach nationaler Norm (§ 1 AStG) entschieden hat, ist es nun die OECD selbst, die eingreift. Weitere Unsicherheiten ergeben sich, weil der Anwendungsbereich bislang nicht geklärt ist. Zwar ist von Unternehmen mit Verbraucherbezug die Rede. Dies umfasst sicher den Bereich „B2C“, vermutlich aber auch B2B-Geschäftsmodelle.

Ausblick: Nachdem bis zum 12.11.2019 schriftlich zu dem Vorschlag der OECD zu Säule 1 Stellung genommen werden konnte, soll nun am 21./22.11.2019 eine öffentliche Anhörung stattfinden. Ebenfalls noch im November wird der Entwurf zur Säule 2 bzw. Pillar Two erwartet, der sich mit der Mindestbesteuerung befasst.

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