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Grenzüberschreitende Konzernfinanzierung – Neues zur Fremdüblichkeit

Die BFH-Rechtsprechung zur Verzinsung von Gesellschafterdarlehen war schon mehrfach Gegenstand unserer Beiträge, zuletzt im Hinblick auf fremdübliche Zinsen bei Konzerndarlehen sowie das BFH-Urteil. In einem aktuellen Urteil hat der BFH sich nun zur Fremdüblichkeit bei fehlender Besicherung von grenzüberschreitenden Konzerndarlehen und den möglichen Konsequenzen geäußert.

Sachverhalt und Verfahrens-Odyssee

In der zu entscheidenden Sache hatte eine deutsche GmbH eine Forderung gegen eine belgische Tochtergesellschaft aufgrund eines nicht besicherten Verrechnungskontos. Es wurde ein Forderungsverzicht mit Besserungsschein vereinbart und die deutsche Muttergesellschaft buchte die Forderung gewinnmindernd aus. Das Finanzamt (FA) erkannte diese Gewinnminderung nach § 1 Abs. 1 AStG nicht an. Die Klage hatte Erfolg: Das FG Düsseldorf stellte klar, dass „eine Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG nur dann möglich sei, wenn der zwischen den verbundenen Unternehmen vereinbarte Preis seiner Höhe (seiner Angemessenheit) nach dem Fremdvergleichsmaßstab nicht standhalte.“ Ferner kritisierte das FG Düsseldorf, dass eine Hinzurechnung in Höhe des vollen Abschreibungsumfangs vorgenommen wurde und nicht in Höhe einer Zinsdifferenz zwischen dem vereinbarten und einem „angemessenen“ Zinssatz. Das FA habe auch keinen Nachweis vorgelegt, dass die vereinbarte Zinshöhe fremdunüblich sei. Nachdem dann der BFH am 27.2.2019 zunächst dem FA Recht gegeben hatte (Az.: I R 73/16), hat das BVerfG am 4.3.2021 das Urteil wieder aufgehoben und die Sache an den BFH zurückverwiesen.

Fehlende Besicherung allein nicht entscheidend, sondern …

Der BFH kommt nun in dem Urteil von 13.1.2022 (Az.: I R 15/21) zu dem Ergebnis, dass eine fehlende Besicherung eines Konzerndarlehens noch keine Fremdunüblichkeit begründet. Die Münchener Richter sind – anders als zuvor die BFH-Kollegen im Jahr 2019 – der Ansicht, dass die Feststellungen der Vorinstanzen nicht ausreichen, um beurteilen zu können, ob die Gewinnminderungen, die auf der Teilwertabschreibung des unbesicherten Darlehens beruhen, gem. § 1 Abs. 1 AStG zu korrigieren sind. Eine Besicherung sei zwar ein Kriterium bei der Frage der Fremdüblichkeit. Entscheidend sei aber, ob ein fremder Dritter ein Darlehen unter den gleichen Bedingungen – ggf. unter Berücksichtigung möglicher Risikokompensation – gewährt hätte. Bei dem fremden Dritten muss es sich nach Ansicht des BFH nicht um „klassische Banken“ handeln. Maßgeblich sei, dass ein Markt für ein vereinbartes Darlehen bestimmt werden kann, der dann den Maßstab für den vorzunehmenden Fremdvergleich bildet. Dabei führt das Fehlen einer einzelnen Bedingung – in diesem Fall der fehlenden Besicherung – noch nicht zu einer Einkünftekorrektur. Ein etwaiger Konzernrückhalt darf nur in dem Rahmen zu einer Verbesserung der Kreditwürdigkeit führen, wie fremde Dritte diesen berücksichtigen würden. Der Sachverhalt wurde an das FG zurückverwiesen, weil sich das FG nicht mit der Fremdvergleichsproblematik befasst habe.

… die Gesamtheit der objektiven Verhältnisse

Der BFH hat in der Begründung zu seinem Urteil drei Kriterien für den Fremdvergleich genannt, die zu berücksichtigen sind: 

  • Kapitalüberlassung: Überlassung von Kapital auf Zeit oder dauerhaft
  • Besicherung: Beurteilung, ob fremde Darlehensgeber ex ante auf Besicherung bestehen
  • Orientierung an der Ertragssituation

Sofern die Analyse ergibt, dass ein fremder Dritter bereit gewesen wäre, gegen Vereinbarung eines Zinszuschlags das durch die Nichtbesicherung erhöhte Ausfallrisiko zu kompensieren, ist zu prüfen, ob die vereinbarte Verzinsung fremdüblich ist. Für die Ermittlung fremdüblicher Darlehenszinssätze kommt regelmäßig die Preisvergleichsmethode zur Anwendung.

Kein Raum für eine Einkünftekorrektur gem. AStG

Unabhängig vom Ergebnis der Prüfung besteht kein Raum für eine Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG, wenn ein Markt für unbesicherte Darlehen vorhanden und nachgewiesen wird. Wenn die Bedingungen fremdüblich waren, scheidet jede Einkünftekorrektur aus. Auch wenn die vereinbarten Bedingungen nicht fremdüblich waren, kommt eine Korrektur der Teilwertabschreibung nicht in Frage, sondern nur eine Korrektur in Höhe der Differenz zwischen den tatsächlichen erzielten und den fremdüblichen Zinseinnahmen. Eine Korrektur der Teilwertabschreibung nach § 1 Abs. 1 AStG ist nur zulässig, wenn unter den besonderen Umständen des Einzelfalls kein entsprechender Markt für unbesicherte Darlehen ermittelt werden kann. 

Empfehlung: Vor Abschluss eines Konzerndarlehens sollte der jeweilige Markt abgefragt werden. Die Abfrage kann beispielsweise über eine Bank erfolgen. Auf der Basis dieser Markteinschätzung ist dann das Konzerndarlehen zu verzinsen, so dass das Risiko einer Einkünftekorrektur reduziert wird. 

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