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Grenzüberschreitendes Homeoffice – Österreich entschärft Betriebsstättenproblematik

Die Arbeitswelt hat sich infolge der COVID-19-Pandemie verändert. Wurde vielen Arbeitnehmern während der Pandemie ausnahmsweise eingeräumt, zu Hause zu arbeiten, ergeben sich mittlerweile durch die geschaffene Infrastruktur neue Arbeitsmodelle und Chancen. Grenzüberschreitend treten bekannte Abgrenzungsprobleme in den Fokus. Der österreichische VwGH hat die Betriebsstättenproblematik bei der grenzüberschreitenden Tätigkeit im Rahmen eines Homeoffice nun entschärft.

Grundlagen: Homeoffice-Betriebsstätte?

Bei grenzüberschreitenden Fällen von Homeoffice stellt sich unmittelbar die Frage, ob eine sog. „Homeoffice-Betriebsstätte“ vorliegen kann. Österreich hat den Betriebsstättenbegriff traditionell im Vergleich zu Deutschland weiter ausgelegt. Dabei wurde bisher eine „faktische Verfügungsmacht“ mit einer „effektiven Nutzungsmöglichkeit“ gleichgestellt. Danach wurde bereits eine bloße Nutzungsmöglichkeit für die Begründung einer Betriebsstätte als ausreichend angesehen. 

Die OECD hat mit den Leitlinien zu „DBA und COVID-19-Auswirkungen“ für einen pandemiebedingten, zeitlich begrenzten Wechsel des Arbeitsorts vom üblichen Arbeitsplatz in das Homeoffice klargestellt, dass dadurch keine Betriebsstätte begründet werden soll. Für die Zeit nach der Pandemie wurde jedoch keine Aussage getroffen.

Klarstellung durch den VwGH 

Mit dem nunmehr vorliegenden Beschluss des VwGH vom 22.6.2022 (Az.: Ro 2020/13/0004-7) wird auch für die Zeit nach der COVID-19-Pandemie eine eindeutige Klarstellung getroffen.

Im Verfahren vor dem VwGH ging es um eine in Ungarn ansässige Person, die in den Jahren 2013 bis 2016 in Österreich als Übersetzerin und Dolmetscherin tätig war. Unter Ausübung der Option zur unbeschränkten Steuerpflicht hatte sie gem. § 1 Abs. 4 öEStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt. Die ungarische Dolmetscherin führte aus, dass sie in den Räumlichkeiten ihres Auftraggebers dessen Büroinfrastruktur mitbenutzen habe können, um für ungarische Staatsangehörige Sprachdienstleistungen zu erbringen und diese beim Behördenverkehr in Österreich zu unterstützen.

Der VwGH hat mit seinem Beschluss festgehalten, dass die Möglichkeit der Mitbenutzung eines Schreibtischs in den Büroräumlichkeiten eines anderen Steuerpflichtigen nicht ausreichend ist, um die Verfügungsmacht über eine feste Geschäftseinrichtung zu bejahen.

Hinweis: Damit ist u.E. auch der Homeoffice-Betriebsstätte eine deutliche Absage erteilt worden. Demnach ist es ohne Bedeutung, ob der Arbeitnehmer auf seinem Küchentisch oder auf einem vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Schreibtisch tätig wird, da der Unternehmer weder eine faktische Verfügungsmacht noch eine effektive Nutzungsmöglichkeit über die privaten Räumlichkeiten des Arbeitnehmers erlangen kann. 

Homeoffice durch Geschäftsführer

Eine Betriebsstättenproblematik kann sich allerdings dann ergeben, wenn der Alleingeschäftsführer einer GmbH mit Sitz in Deutschland überwiegend in Österreich tätig wird oder umgekehrt und sich durch den Tätigkeitsumfang der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung ändert. Dieser befindet sich dort, wo die grundlegenden Leitungs- und kaufmännischen Entscheidungen, die für die Führung der Geschäfte des Rechtsträgers bzw. der Gesellschaft als Ganzes notwendig sind, im Wesentlichen getroffen werden (Rz. 24 OECD-MK zu Art. 4 OECD-MA 2014). 

Entscheidend ist dementsprechend der Ort, an dem diese Entscheidungen getroffen werden, und nicht etwa der Ort, an dem geschäftsleitende Anordnungen zugehen. Trifft der Alleingeschäftsführer daher alle grundlegenden Leitungs- und kaufmännischen Entscheidungen während seiner Tätigkeit in Österreich, so ist die GmbH nach Maßgabe des Art. 4 Abs. 3 DBA-Deutschland in Österreich ansässig.

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