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Grunderwerbsteuer: Aktuelle Entwicklungen im Gesetzgebungsverfahren

Seit 2016 verfolgt die Politik das Ziel, die Grunderwerbsteuer für sog. Share Deals zu verschärfen. Argument ist, dass u.a. beim Erwerb eines Eigenheims durch Privatpersonen stets Grunderwerbsteuer anfällt, während diese bei großen Immobilieninvestoren durch einen Share Deal vermieden werden kann. Ein konkretes Reformgesetz ist nun Gegenstand eines Gesetzgebungsverfahrens.

Entwicklungsgeschichte

Mit Kabinettsbeschluss vom 31.7.2019 wurde der Regierungsentwurf für ein „Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes“ (GrEStG-E) beschlossen. Es folgten Empfehlungen des Finanzausschusses des Bundesrats am 6.9.2019, insbesondere:

  • Zeitliche Begrenzung bei der Berücksichtigung von Gesellschafterwechseln für die Bestimmung der Neugesellschaftereigenschaft für eine an einer Personengesellschaft beteiligte Kapitalgesellschaft,
  • Einführung einer Börsenklausel,
  • Anpassung der Konzernklausel für steuerfreie Umstrukturierungen (§ 6a GrEStG) und
  • Nichtberücksichtigung von Anteilsübertragungen bei Kapitalgesellschaften vor Inkrafttreten des GrESt-Reformgesetzes.

Der Bundesrat hat dann am 20.9.2019 – den Empfehlungen des Finanzausschusses überwiegend folgend – zum Regierungsentwurf Stellung genommen [BR-Drucks. 355/19].

Wesentliche Inhalte der Stellungnahme des Bundesrats

(1) Neugesellschaftereigenschaft von Kapitalgesellschaften (§ 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG): Der ursprüngliche Gesetzesvorschlag sah vor, dass für die Bestimmung der Neugesellschaftereigenschaft bei einer an einer Personengesellschaft beteiligten Kapitalgesellschaft jedweder Gesellschafterwechsel maßgeblich ist. Dies soll nach dem Vorschlag des Finanzausschusses des Bundesrats auf einen Zeitraum von 10 Jahren beschränkt werden.

(2) Börsenklausel (§ 1 Abs. 2a Satz 7 bzw. § 1 Abs. 2b Satz 7 GrEStG n.F.): Danach sollen die Regelungen zum Wechsel des Gesellschafterbestands bei Beteiligungen von börsennotierten Kapitalgesellschaften an Immobiliengesellschaften nicht anwendbar sein. Nach Ansicht des Bundesrats würde durch den ständigen Wechsel der Anteilseigner der Tatbestand grundsätzlich erfüllt werden, eine missbräuchliche Gestaltung liege mit Blick auf die Zielsetzung der Investoren regelmäßig aber nicht vor. Der Ausschluss durch die „Börsenklausel“ soll jedoch nur dann gelten, wenn die zum Handel zugelassenen Anteile den überwiegenden Teil des Kapitals der börsennotierten Kapitalgesellschaft repräsentieren.

(3) Konzernklausel (§ 6a GrEStG): Nach dem aktuellen Gesetz sind nur bestimmte Umstrukturierungen innerhalb verbundener Unternehmen von der Grunderwerbsteuerbefreiung begünstigt. In der Praxis haben sich zahlreiche Fälle ergeben, in denen eine Steuerbefreiung nach dem gesetzgeberischen Ziel wünschenswert wäre, die aber mit dem aktuellen Gesetz nicht erreicht wird (z.B. bei unmittelbaren Grundstücksübertragungen innerhalb eines Konzerns oder Umstrukturierungen unter Beteiligung von Holdinggesellschaften). Durch die beabsichtigte Erweiterung des GrEStG wird diese „Schieflage“ weiter verschärft. Um der ursprünglichen Intention des Gesetzgebers besser Rechnung zu tragen, soll nach Auffassung des Bundesrats geprüft werden, ob Grundstücksübertragungen innerhalb eines Konzerns nicht gänzlich von der Grunderwerbsteuer ausgenommen werden könnten, jedoch ohne neue Spielräume für potentiell missbräuchliche Gestaltungen zu eröffnen.

(4) Rückwirkungsverbot (§ 23 GrEStG): Der Bundesrat empfiehlt, eine rückwirkende Anwendung der Neuregelung des § 1 Abs. 2b GrEStG-E (Wechsel im Gesellschafterbestand von Kapitalgesellschaften) auszuschließen. Der Gesetzesvorschlag sieht eine Berücksichtigung von Anteilsübertragungen an Kapitalgesellschaften auch vor dem Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Regelung (voraussichtlich zum 1.1.2020) vor, soweit das maßgebliche Verpflichtungsgeschäft nicht vor der Zuleitung des Gesetzentwurfs an den Bundesrat (maßgeblicher Stichtag: 9.8.2019) abgeschlossen wurde und dieses nicht innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr nach diesem Stichtag (d.h. bis spätestens zum 8.8.2020) vollzogen wird. Nach dem Vorschlag des Bundesrats soll die Anwendung der gesetzlichen Neuregelung begrenzt sein auf Anteilsübertragungen, die nach dem 31.12.2019 erfolgen, so dass sich die Frage einer möglichen Rückwirkung nicht stellen würde.

Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 23.9.2019 und Gegenäußerung am 25.9.2019

Der von der Bundesregierung am 23.9.2019 in den Bundestag zur Beschlussfassung eingebrachte Gesetzentwurf entspricht dem zuvor publizierten Gesetzentwurf noch ohne Berücksichtigung der vorbeschriebenen Vorschläge des Bundesrats. Zu diesen Vorschlägen hat die Bundesregierung am 25.9.2019 Stellung genommen und allen vier vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderungen zugestimmt. Einschränkungen gab es nur bei zwei Punkten: Bei der Börsenklausel soll die konkrete Ausgestaltung der Regelung noch geprüft werden. Und bei der Konzernklausel sollen die aktuell anstehenden Verfahren vor dem BFH zu § 6a GrEStG abgewartet werden.

Ausblick: Sämtliche Empfehlungen des Bundesrats sind zu begrüßen und würden zu einer erheblichen Erleichterung bei der Anwendung des neuen GrEStG beitragen. Dennoch deuten die Formulierungen in der Gegenäußerung der Bundesregierung zu den Vorschlägen des Bundesrats auf keine schnelle Lösung hin. Sowohl die Prüfung einer möglichen Börsenklausel als auch die Anpassung der Konzernklausel dürfte viel Zeit in Anspruch nehmen und zumindest das Abwarten der ausstehenden Entscheidungen des BFH zu § 6a GrEStG dürfte eine entsprechende Neuregelung noch im laufenden Gesetzgebungsverfahren ausschließen.

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