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Mitarbeiterverpflegung im Rahmen einer Kantinenbewirtschaftung

Wichtige umsatzsteuerliche Konsequenzen je nach Art des Kantinenbetriebs

Häufig entscheiden sich Unternehmen sowohl aus gesundheitlichen Aspekten als auch zwecks Betriebsklimapflege und besserem Informationsaustausch dazu, den eigenen Mitarbeitern die Vorteile einer Kantinennutzung für das Mittagessen anzubieten. Es schließt sich die Frage an, ob die Kantine eigen- oder fremdbewirtschaftet werden soll? Bei der Entscheidung sind aus umsatzsteuerlicher Sicht gewichtige Unterschiede zu beachten, die vornherein berücksichtigt werden sollten. Denn es bestehen umsatzsteuerliche Risiken, die in der Praxis häufig übersehen werden und dann oft zu unerwarteten Umsatzsteuernachzahlungen führen.

Lieferung oder sonstige Leistung?

Die Abgabe von Speisen und Getränken kann grundsätzlich sowohl als Lieferung als auch als sonstige Leistung eingestuft werden. Umsatzsteuerlich ist dieser Einstufung aufgrund der sich daraus ableitenden Ortsbestimmung, einer eventuellen Steuerbefreiung oder zur Bestimmung des Steuersatzes eine besondere Bedeutung zuzusprechen.

Die Unterscheidung zwischen Lieferung oder sonstiger Leistung ist je nach Einzelfall in Abhängigkeit davon vorzunehmen, welcher Charakter beim Verzehr der Speisen und Getränke überwiegt: Überwiegen Lieferungselemente oder Dienstleistungselemente? Hierbei müssen nebensächliche Dienstleistungen, die zur angemessenen Vermarktung der Ware notwendig sind (wie bspw. das Ausstellen der Ware in Regalen), nicht berücksichtigt werden.

Hinweis: In Abschnitt 3.6 Absätze 2 und 3 des UStAE hat die Finanzverwaltung jeweils Elemente zusammengefasst, die für die Unterscheidung zwischen Lieferung und sonstiger Leistung berücksichtigt werden müssen bzw. unberücksichtigt bleiben können.

Eine sonstige Leistung in diesem Zusammenhang (Restaurationsleistung) liegt dann vor, wenn die Speisen und Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle abgegeben werden. Kurz gesagt: Nimmt der Leistungsempfänger sein Essen dort ein, wo er es erworben hat, und stehen an diesem Ort besondere Vorrichtungen für den Verzehr in einem räumlichen Zusammenhang zur Essensausgabe, überwiegt der Dienstleistungscharakter, sodass eine sonstige Leistung vorliegt.

Hinweis: Der ermäßigte Steuersatz ist nur auf Lieferungen und unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 1 i.V. mit Anlage 2 UStG anwendbar. Demzufolge ist bei der Annahme einer Restaurationsleistung immer der volle Steuersatz von aktuell 19% zugrunde zu legen. Zwischenergebnis: Im Fall der Mitarbeiterverpflegung mittels Kantinenbetrieb kann festgehalten werden, dass grundsätzlich der Dienstleistungscharakter überwiegt und deshalb sonstige Leistungen angenommen werden können. Grund hierfür ist vor allem, dass im Regelfall in jeder Kantine die Bereitstellung einer die Bewirtung fördernden Infrastruktur (Tische und Stühle für den Verzehr an Ort und Stelle) und das Bereitstellen von Geschirr nebst der anschließenden Reinigung das Dienstleistungselement überwiegen lassen.

Eigen- oder Fremdbewirtschaftung?

Die Unterscheidung zwischen einer unternehmenseigenen bzw. einer fremdbewirtschafteten Kantine ist aus umsatzsteuerlicher Sicht relevant für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Abgabe von Mahlzeiten an die Arbeitnehmer und muss auch in Bezug auf die vorherrschenden Leistungsbeziehungen berücksichtigt werden.

(1) Eine unternehmenseigene Kantine ist nur anzunehmen, wenn der Unternehmer die Mahlzeiten entweder selbst herstellt (d.h. durch eigenes Personal) oder die Mahlzeiten vor der Abgabe an die Arbeitnehmer mehr als nur geringfügig be- oder verarbeitet bzw. aufbereitet oder ergänzt.

(2) Von einer nicht selbst betriebenen Kantine ist auszugehen, wenn die Mahlzeiten nicht vom Arbeitgeber selbst zubereitet und an die Arbeitnehmer nur abgegeben werden.

Umsatzsteuerliche Konsequenzen

Unternehmenseigene Kantine

Für die unternehmenseigene Kantine gilt, dass bei der unentgeltlichen Abgabe von Mahlzeiten an die Arbeitnehmer aus Vereinfachungsgründen bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage von dem Wert ausgegangen werden kann, der dem amtlichen Sachbezugswert nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) entspricht.

Hinweis: Der Sachbezugswert 2019 für ein Mittagessen beträgt 3,30 €; für 2020 soll er auf 3,40 € angehoben werden. Die Sachbezüge stellen den Bruttobetrag dar. Die abzuführende Umsatzsteuer kann entsprechend mit 19/119 aus dem Sachbezugswert „herausgerechnet“ werden.

Werden die Mahlzeiten entgeltlich an die Arbeitnehmer abgegeben, ist der vom Arbeitnehmer gezahlte Essenspreis, mindestens jedoch der Wert nach dem amtlichen Sachbezugswert, die einschlägige Brutto-Bemessungsgrundlage.

Hinweis: Abschläge für Jugendliche, Auszubildende und Angehörige der Arbeitnehmer auf die Essenspreise sind nicht zulässig.

Fremdbewirtschaftung

Für fremdbewirtschaftete Kantinen ist für umsatzsteuerliche Zwecke zwischen zwei Fällen zu unterscheiden:

(1) Der Arbeitgeber vereinbart mit dem Kantinenbetreiber die Beköstigung seiner Arbeitnehmer und der Kantinenbetreiber hat einen Zahlungsanspruch ausschließlich gegenüber dem Arbeitgeber. Den Anteil, den die Arbeitnehmer am Essen zu tragen haben, behält der Arbeitgeber bei der Auszahlung der Gehälter/Löhne jeweils ein. Hier liegt sowohl zwischen Kantinenbetreiber und dem Arbeitgeber als auch zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer ein Leistungsaustausch in Form von sonstigen Leistungen vor.

  • Die Bemessungsgrundlage zwischen dem Kantinenbetreiber und dem Arbeitgeber ist der vereinbarte Preis je Essen. Der Arbeitgeber kann die ihm vom Kantinenbetreiber in Rechnung gestellte Umsatzsteuer unter den Voraussetzungen des § 15 UStG als Vorsteuer geltend machen.
  • Die Bemessungsgrundlage der sonstigen Leistung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer beträgt 100/119 des zwischen Arbeitgeber und Kantinenbetreiber vereinbarten Essenspreises.

(2) Der Arbeitgeber beauftragt einen selbständigen Kantinenpächter (Caterer), in dessen Namen sowie auf dessen Rechnung in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers eine Kantine zu betreiben und dort die Arbeitnehmer zu verpflegen. Hierfür wird vereinbart, dass der Caterer die Essenspreise mit dem Arbeitgeber abzustimmen hat. Der Arbeitgeber zahlt dem Caterer einen jährlichen pauschalen Zuschuss. Basis des Zuschusses sind entweder die durchschnittlich ausgegebenen Essen pro Kalenderjahr oder der prognostizierte Verlust des Caterers aufgrund der vorgegebenen Essenpreise (Differenz zwischen den voraussichtlichen Zahlungen der Arbeitnehmer und Kosten der Mittagsverpflegung).

In diesem Fall liegt lediglich zwischen dem Caterer und dem Arbeitnehmer ein Leistungsaustausch in Form einer sonstigen Leistung vor. Weder zwischen Arbeitgeber und Caterer noch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer besteht ein Leistungsaustausch. Die Brutto-Bemessungsgrundlage der sonstigen Leistung des Caterers an den Arbeitnehmer ist der bezahlte Essenspreis zuzüglich des pauschalen Zuschusses des Arbeitgebers, welcher als Entgelt von dritter Seite in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen ist.

Hinweis: Der Arbeitgeber kann aus der Zahlung der Zuschüsse mangels Leistungsaustausch keinen Vorsteuerabzug geltend machen

Exkurs: Essenszuschüsse zur Einlösung in einer Gaststätte

Abrundend soll noch der Fall erfasst werden, dass der Arbeitgeber Essenszuschüsse an seine Arbeitnehmer in Form von Marken od. Ähnl. ausgibt, welche in einer Gaststätte eingelöst werden können. Der Arbeitnehmer zahlt dem Gastwirt den um den Zuschuss geminderten Essenspreis. Die Zuschüsse lässt sich der Gastwirt vom Arbeitgeber regelmäßig erstatten.

Hier liegt lediglich zwischen dem Gastwirt und dem Arbeitnehmer ein Leistungsaustausch in Form einer sonstigen Leistung vor. Ein Umsatzgeschäft zwischen Gastwirt und Arbeitgeber besteht nicht. Der Essenszuschuss des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer ist ein nicht umsatzsteuerbarer Vorgang. Ferner gilt Folgendes:

  • Die Brutto-Bemessungsgrundlage der sonstigen Leistung des Gastwirts an den Arbeitnehmer ist der bezahlte Essenspreis zzgl. des Essenszuschusses, welcher als Entgelt von dritter Seite in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen ist.
  • Der Arbeitgeber kann aus der Abrechnung des Gastwirts (über die Essenszuschüsse) mangels Leistungsaustausch keinen Vorsteuerabzug geltend machen.

Empfehlung: Sollten Sie eine Kantine betreiben (lassen), empfehlen wir Ihnen, Ihre umsatzsteuerlichen Beurteilungen der Leistungsbeziehungen und die zugrunde gelegten Bemessungsgrundlagen mit den vorstehenden Ausführungen abzugleichen.

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