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Neues Optionsmodell für Personengesellschaften - Teil I: Systemwechsel mit Ausübung der Option

Das Gesetz zur Modernisierung der Körperschaftsteuer (KöMoG) ist voraussichtlich ab 1.1.2022 anwendbar. Nachdem in einem vorherigen Artikel die Grundzüge der gesetzlichen Neuregelungen zum Optionsmodell im Überblick vorgestellt worden sind, beginnen wir in dieser Ausgabe mit einer kleinen Serie detaillierter Erläuterungen. Vorliegend enthält Teil I eine Gegenüberstellung der unterschiedlichen Besteuerungssysteme von Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften und vermittelt einen ersten Einblick in die grundlegenden steuerlichen Auswirkungen des Optionsmodells. 

Hintergrund des Optionsmodells

Im Rahmen der Reformbemühungen zur Vereinheitlichung der Unternehmensbesteuerung ist es seit 2000 zu einer weitgehenden Angleichung der steuerlichen Gesamtbelastung von Körperschaften und deren Anteilseignern einerseits sowie den Personengesellschaften sowie deren Gesellschaftern andererseits gekommen. Dennoch bestehen erhebliche Unterschiede im Besteuerungsverfahren und in der Systematik. Ziel des Optionsmodells für Personengesellschaften ist insbesondere die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von mittelständischen Familienunternehmen in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft (KG) oder der offenen Handelsgesellschaft (OHG). Durch das am 30.6.2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlichte KöMoG erhalten Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften ab dem 1.1.2022 die Möglichkeit, dieselben steuerlichen Regelungen in Anspruch zu nehmen wie Kapitalgesellschaften.

Transparenzprinzip der Personengesellschaften

Personengesellschaften unterliegen dem Prinzip der transparenten Besteuerung. Sie stellen kein eigenständiges Steuerrechtssubjekt dar, es wird quasi durch die Gesellschaft hindurchgesehen. Deshalb wird das Ergebnis der Personengesellschaft nicht auf Ebene der Gesellschaft besteuert. Der Gewinn wird vielmehr – unabhängig davon, ob er entnommen wurde oder in der Gesellschaft verblieben ist – für steuerliche Zwecke den Gesellschaftern zugerechnet und unterliegt dem persönlichen Einkommensteuertarif jedes Gesellschafters bzw. bei juristischen Personen der Körperschaftsteuer. Eine Ausnahme stellt die Gewerbesteuer dar, diese besteuert als Objektsteuer den Gewerbebetrieb.

Es gilt der Grundsatz, dass Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern als steuerlich nicht existent angesehen werden. Vergütungen an den Gesellschafter (wie insbesondere Tätigkeitsvergütungen für erbrachte Arbeitsleistungen, Mieten für überlassene Wirtschaftsgüter oder Zinsen für der Gesellschaft gewährte Darlehen) sind auf Ebene der Personengesellschaft handelsrechtlich gewinnmindernd als Betriebsausgaben anzusetzen. Zur Ermittlung des steuerlichen Gewinns werden dann jedoch alle Sondervergütungen als vorab erhaltene Gewinnanteile bei der Personengesellschaft wieder hinzugerechnet. Diese Regelung für Sondervergütungen sorgt für eine Umqualifizierung sämtlicher Einkünfte zu gewerblichen Einkünften der Gesellschafter. Darüber hinaus gehören überlassene Wirtschaftsgüter steuerlich nicht zum Privatvermögen der Gesellschafter, sondern stellen Sonderbetriebsvermögen bei der Gesellschaft dar.

Trennungsprinzip der Kapitalgesellschaften

Körperschaften werden dagegen nach dem Trennungsprinzip besteuert. Dabei werden Gesellschaft und Gesellschafter als zwei voneinander unabhängige Steuerrechtssubjekte angesehen. Die Einkünfte der Körperschaft unterliegen zunächst auf Ebene der Gesellschaft der Körperschaftsteuer sowie der Gewerbesteuer. Für den Gesellschafter tritt die steuerliche Belastung erst im Falle einer Gewinnausschüttung ein. Gewinnausschüttungen werden den Einkünften aus Kapitalvermögen zugeordnet und grundsätzlich mit einem gesonderten Abgeltungsteuersatz in Höhe von 25% der Bruttodividende besteuert, wenn nicht das Teileinkünfteverfahren bei wesentlichen Beteiligungen anzuwenden ist.

Insoweit werden schuldrechtliche Leistungsbeziehungen (wie Arbeits-, Darlehens- oder Mietverträge zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern) auch steuerlich anerkannt. Diese Verträge müssen der Höhe nach angemessen sein, um nicht als verdeckte Gewinnausschüttung zu gelten. Sofern die aus den Verträgen resultierenden Zahlungen keine verdeckten Gewinnausschüttungen darstellen, sind sie auf Ebene der Gesellschaft – wie vergleichbare Zahlungen an Dritte – als Betriebsausgaben zu klassifizieren und mindern auch den steuerlichen Gewinn.

Praxiswirkungen: Für den Gesellschafter stellt das im Rahmen des Arbeitsverhältnisses gezahlte Gehalt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) dar und unterliegt dem Lohnsteuerabzug. Erhaltene Darlehenszinsen unterliegen als Kapitalerträge (§ 20 EStG) der Abgeltungsteuer und erhaltene Mietzahlungen als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) dem persönlichen Einkommensteuertarif.

Weitreichende Folgen der Optionsausübung

Durch die Ausübung der Option wird ein Systemwechsel von der Besteuerung nach dem Transparenzprinzip zur Besteuerung nach dem Trennungsprinzip vollzogen. Daraus ergeben sich weitreichende Folgen, insbesondere kommt es zum Wegfall des komplexen Konzepts von Sonderbetriebsvermögen sowie der bilanziellen Besonderheiten durch Ergänzungs- und Sonderbilanzen. Weiterhin erfolgt die steuerliche Anerkennung der Leistungsbeziehungen zwischen den Gesellschaftern und der optierenden Personengesellschaft. Die daraus resultierenden Aufwendungen stellen dann auch steuerlich Betriebsausgaben auf Ebene der Gesellschaft dar, was zur Reduzierung der steuerlichen Ergebnisse führt. Auf Ebene des Gesellschafters kommt es nicht mehr zu einer steuerlichen Umqualifizierung dieser Einkünfte in Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Antrag zur Ausübung der Option

Die Option zur Körperschaftsteuer ist entsprechend den Neuregelungen im Körperschaftsteuergesetz (§ 1a Abs. 1 KStG n.F.) auf Antrag möglich. Der Antrag zur Ausübung der Option kann jedoch nur für die Personengesellschaft als Ganzes gestellt werden. Er hat Wirkung für alle Gesellschafter. Eine hybride Struktur, bei der ein Teil der Gesellschafter die Mitunternehmerbesteuerung fortführen würde, ist nicht möglich.

Die Antragstellung setzt die Zustimmung aller Gesellschafter voraus. Im Fall einer gesellschaftsvertraglich beschlossenen Mehrheitsentscheidung reicht eine 3/4-Mehrheit aus. Ausgenommen von diesem Grundsatz sind Gesellschaften, deren Gesellschaftervertrag eine auf diesen Beschlussgegenstand anwendbare Mehrheitsklausel enthält. Der unwiderrufliche Antrag ist nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz bei dem für die Personenhandelsgesellschaft zuständigen Finanzamt zu stellen. Er muss spätestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahres, in dem erstmals zur Besteuerung nach dem KStG optiert werden soll, gestellt werden und bewirkt unmittelbar die Änderung des Besteuerungsregimes ab dem folgenden Wirtschaftsjahr. Die Gesellschaft hat jedoch die Möglichkeit, zur transparenten Besteuerung zurückzukehren.

Hinweis: Gesetzlich besteht keine Mindestlaufzeit für das Optionsmodell, sodass bereits nach Ablauf eines einzigen Wirtschaftsjahres die Rückkehr zur Besteuerung als Personenhandelsgesellschaft durch Rückoption möglich ist. Bei der Option unter Buchwertfortführung sind allerdings die Sperrfristen des Umwandlungssteuergesetzes zu beachten.

Fazit: Mit dem Optionsmodell soll die Wettbewerbsfähigkeit der optierenden Personengesellschaft gesteigert werden. Dies wird dadurch realisiert, dass neue Möglichkeiten zur langfristigen steueroptimalen Thesaurierung von Gewinnen entstehen und keine unmittelbare Zurechnung des Gesamtgewinns zu den Gesellschaftern erfolgt. Die gewonnene Liquidität kann dann für Investitionen genutzt werden. Zivilrechtlich bleibt es bei der Behandlung als Personengesellschaft.

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