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Neues zum Vorsteuerabzug einer Holdinggesellschaft

Eine sog. Funktions- oder Führungsholding ist umsatzsteuerlicher Unternehmer, wenn deren einziger Zweck nicht nur im Erwerb von Beteiligungen an anderen Unternehmen besteht, sondern sie unmittelbar in die Verwaltung dieser Gesellschaften eingreift. Die Funktionsholding ist grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit sie die bezogenen Leistungen für ihr Unternehmen und zur Erbringung entgeltlicher Leistungen zu verwenden beabsichtigt. In Anknüpfung an diese vom EuGH schon mehrfach bestätigten Grundsätze zur umsatzsteuerlichen Abgrenzung zwischen einer reinen Finanzholding und einer Funktionsholding sind zwei aktuelle Entscheidungen zu beachten.

Vorsteuerabzug trotz letztlich nicht verwirklichtem Erwerb (EuGH vom 12.11.2020)

In einer zum EuGH gelangten Rechtssache ging es um die Frage, ob einer Holdinggesellschaft ein Vorsteuerabzug auch dann zu gewähren ist, wenn der ursprünglich beabsichtigte Erwerb einer Tochtergesellschaft letztlich nicht verwirklicht wird. Die in der Telekommunikationsbranche tätige Holdinggesellschaft erbrachte gegenüber einigen ihrer Tochtergesellschaften steuerpflichtige Verwaltungsdienstleistungen. Dies war ebenso gegenüber einer neu zu erwerbenden Tochtergesellschaft geplant. In Vorbereitung des beabsichtigten Erwerbs kaufte die Holding externe Beratungsdienstleistungen zur Markterkundung ein. Die zur Finanzierung des geplanten Erwerbs notwendigen Mittel erhielt die Holding über die Ausgabe einer Anleihe. In diesem Zusammenhang zahlte die Holding eine Provision an eine Investitionsbank, die sie mit der Organisation und Einrichtung der Anleihe beauftragt hatte. Da der Erwerb der Tochtergesellschaft scheiterte, wurde das über die Anleihe eingesammelte Geld der Muttergesellschaft als Darlehen zur Verfügung gestellt. Die Holding machte die Vorsteuer sowohl aus den Aufwendungen für die Beratungsdienstleistungen als auch auf die Provision der Investitionsbank geltend. In einem aktuellen Urteil vom 12.11.2020 (Az.: C-42/19) hatte der EuGH darüber zu entscheiden, ob dieser Vorsteuerabzug rechtens war.

Für die auf die Beratungsleistungen entfallenden Steuerbeträge ließ der EuGH den Vorsteuerabzug zu. Ausschlaggebend war die Tatsache, dass die erhaltenen Leistungen mit dem Erwerb einer Beteiligungsgesellschaft in Zusammenhang standen, bei der seitens der Holding die Absicht bestand, Verwaltungsdienstleistungen gegen Entgelt zu erbringen. Der grundsätzlich bestehende Vor-steueranspruch bleibe auch für letztlich erfolglose Vorbereitungshandlungen bestehen, soweit diese einer künftigen unternehmerischen Tätigkeit zuzurechnen sind. Anders verhält es sich bei der Umsatzsteuer, die auf die Provision entrichtet wurde. Hier hält es der EuGH für entscheidungserheblich, dass in Abweichung von der ursprünglichen Absicht das aus der Anleihe eingeworbene Geld für eine steuerfreie Tätigkeit, nämlich die steuerfreie Darlehensvergabe an die Muttergesellschaft, verwendet wurde. Da somit die Provisionsaufwendungen den abzugsschädlichen Ausschlussumsätzen zuzurechnen waren, verweigerte der EuGH insoweit den Abzug der hierauf entfallenden Vorsteuerbeträge.

BFH-Vorlagebeschluss zu Vorschaltmodellen 

Mit Beschluss vom 23.9.2020 (Az.: XI R 22/18) hat der BFH dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob einer Funktionsholding der Vorsteuerabzug auch bei der nachfolgend skizzierten Sachverhaltskonstellation zu gewähren ist, die als sog. Vorschaltmodell gilt.

Die Holding war als Kommanditistin an zwei Kommanditgesellschaften beteiligt, denen gegenüber sie steuerpflichtige Verwaltungsleistungen gegen Entgelt erbrachte; sie war somit als Funktionsholding grundsätzlich unternehmerisch tätig. Die Kommanditgesellschaften erwarben Grundstücke und errichteten hierauf Wohngebäude mit dem Ziel, die bebauten Grundstücke zu veräußern (umsatzsteuerfreie Bauträger-Tätigkeit). Während die übrigen Gesellschafter ihre Gesellschafterbeiträge in Geld leisteten, erbrachte die Holding ihren Anteil durch Erbringung von Architektenleistungen. Zur Erfüllung ihrer Einlageverpflichtung bezog die Holding auch Leistungen von Dritten, aus deren Rechnungen sie den Vorsteuerabzug begehrte. Anders als das Finanzamt ließ das Finanzgericht den Vorsteuerabzug zu: Die Erbringung der Sachleistungen als Gesellschafterbeitrag sei auch der unternehmerischen Tätigkeit zuzurechnen.

Der BFH hält es indes für fraglich, ob die Holding die Eingangsleistungen, die sie als Gesellschafterbeitrag in die Kommanditgesellschaften weitergibt, für ihr Unternehmen bezogen hat. Insbesondere sieht der BFH auch eine Gefahr des Missbrauchs, weil durch das künstliche Vorschalten einer geschäftsleitenden Holding ein systemwidriger Vorsteuerabzug erreicht werden könnte, der ansonsten weder der Tochtergesellschaft noch der Holding zugestanden hätte. 

Empfehlung: Insofern sollten bis zur Entscheidung des EuGH derartige Vorschalt-Modelle vermieden werden. Ferner bleibt abzuwarten, ob mit dem in diesem Artikel besprochenen Urteil auch eine neue Diskussion um die Frage entstehen könnte, ob für den (erstmaligen) Vorsteuerabzug auf die beabsichtigte oder auf die tatsächlich später verwirklichte Verwendung der Eingangsleistungen abzustellen ist.

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