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Nochmals: Fremdübliche Zinsen bei Konzerndarlehen

Im Nachgang zu einem vorherigen Beitrag wird nachfolgend eine weitere Entscheidung des BFH vom 18.5.2021 (Az.: I R 4/17) zur Einordnung und Beurteilung der Fremdüblichkeit von Zinsen bei Konzerndarlehen beleuchtet.

Sachverhalt: Darlehensgewährung im Konzern

In der zu entscheidenden Sache hatte eine GmbH geklagt, deren Muttergesellschaft eine niederländische Holdinggesellschaft war. Die Klägerin erhielt von einer niederländischen Schwestergesellschaft, die als Konzernfinanzierungsgesellschaft diente, mehrere verzinsliche Darlehen. Die Zinssätze lagen zwischen 4,375% und 6,45%.

Das Finanzamt (FA) erachtete die vereinbarten Zinsen als zu hoch. Auch das mit der gegen den Bescheid gerichteten Klage befasste Finanzgericht (FG) kam zu dem Ergebnis, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vorliege. Sowohl das FA als auch das FG brachten zur Ermittlung der fremdüblichen Zinssätze die Kostenaufschlagsmethode zum Ansatz, bei welcher in einem ersten Schritt die Selbstkosten des Darlehensgebers zu ermitteln sind. Diese sind um einen angemessenen Gewinnaufschlag zu erhöhen. 

Das FG war dabei der Auffassung, dass sowohl der interne als auch der externe Preisvergleich nicht möglich seien, also weder ein Vergleich ähnlicher oder gleicher Geschäftsvorfälle des betroffenen Unternehmens mit Dritten bzw. mit dem sog. allgemeinen Geschäftsverkehr in Betracht kämen. Vielmehr sei im Streitfall die Kostenaufschlagsmethode die allein praktikable Methode.

BFH präferiert Preisvergleichsmethode

Der BFH ist der Ansicht von FA und FG nicht gefolgt. Generell komme für die Berechnung fremdüblicher Zinssätze regelmäßig die Preisvergleichsmethode zur Anwendung; erst wenn diese Methode nicht anwendbar sei, könne die Kostenaufschlagsmethode herangezogen werden. Dabei sei der fremdübliche Preis der Zins, zu dem Fremde zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses den Kredit gewährt hätten. Es könne sowohl der interne als auch der externe Preisvergleich herangezogen werden.

Die Preisvergleichsmethode ist laut BFH bei der Ermittlung fremdüblicher Darlehenszinsen deswegen vorzuziehen, weil das Objekt der Leistung – die Überlassung von Geld für einen bestimmten Zeitraum – im Kern homogen sei und es hierfür zahlreiche Märkte mit verfügbaren Informationen und Analysen gebe. Sofern sich hiernach ein Preis feststellen lasse, sei dieser auch dann maßgeblich, wenn er über oder unter dem nach der Kostenaufschlagsmethode ermittelten Preis (Selbstkosten zzgl. Gewinnaufschlag) liege: 

  • Liegt der Marktpreis über dem nach der Kostenaufschlagsmethode ermittelten Preis, verlange der Leistende den Marktpreis und behalte die Differenz ein.
  • Liegt der Marktpreis unter dem nach der Kostenaufschlagsmethode ermittelten Preis, sehe der Leistende regelmäßig vom Geschäftsabschluss ganz ab, weil er sonst einen Verlust für sein Unternehmen erleide.

Die Anwendung der Preisvergleichsmethode darf laut BFH nicht ohne Weiteres mit dem Argument abgelehnt werden, es fehle an der Vergleichbarkeit der Leistungen. Wenn z.B. die Konzernobergesellschaft Sicherheiten wie eine Bürgschaft gestellt habe und damit ein Bankdarlehen zu einem niedrigeren Zins gewährt worden sei, könne die Vergleichbarkeit der vereinbarten Zinsen dennoch bestehen, wenn Anpassungsrechnungen möglich seien. 

Stand-alone-Betrachtung

Bei der Bewertung der Bonität stellt der BFH klar, dass es i.d.R. nicht auf die Kreditwürdigkeit des Gesamtkonzerns ankommt. Vielmehr müsse einzig die Bonität der einzelnen, darlehensnehmenden Gesellschaft in den Blick genommen werden (sog. „Stand-alone“-Rating). Nach der neueren Rechtsprechung könne in einem nicht durch rechtlich bindende Einstandsverpflichtungen anderer Konzernunternehmen verfestigten Konzernrückhalt keine werthaltige Besicherung gesehen werden. Ein vernünftig handelnder Darlehensgeber würde grundsätzlich nur solche Gesichtspunkte in seine Bonitätsbeurteilung einfließen lassen, auf die er sich im Krisenfall auch verlassen könne.

Der BFH betont aber auch, dass fremde Dritte die Konzernzugehörigkeit bei der Bemessung des Zinssatzes u.U. berücksichtigen würden und so ggf. eine Anpassung im Vergleich zur reinen Stand-alone-Betrachtung vorzunehmen sein könne.

Hinweis: Bei der Ermittlung des fremdvergleichskonformen Zinssatzes werden in der Praxis selbstverständlich auch die Ausführungen der Finanzverwaltung in ihren neuen „Verwaltungsgrundsätzen Verrechnungspreise“ vom 14.7.2021 (dort Kapitel III Punkt J „Finanzierungsbeziehungen“) zu berücksichtigen sein.

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