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Steuerbegünstigung für Umwandlungen im Konzern nach § 6a GrEStG

Der BFH hat sieben zur grunderwerbsteuerlichen Konzernklausel anhängige Verfahren entschieden. Dabei legt er die Regelungen der Grunderwerbsteuerbefreiung des § 6a Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) weit aus.

Anwendung der Konzernklausel

Nach der sog. Konzernklausel des § 6a GrEStG sind Rechtsvorgänge im Rahmen von Umwandlungen (dem Grunde nach gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2a oder 3 GrEStG steuerbare Vorgänge wie Aufspaltung, Abspaltung, Ausgliederung und Vermögensübertragung) von der Grunderwerbsteuer befreit. Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass an dem Umwandlungsvorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind. Eine Gesellschaft ist dabei von dem herrschenden Unternehmen im Sinne der Vorschrift abhängig, wenn das herrschende Unternehmen innerhalb von jeweils fünf Jahren vor und nach dem Rechtsvorgang (sog. Vor- und Nachbehaltensfristen) zu mindestens 95% ununterbrochen beteiligt ist (unmittelbar oder mittelbar bzw. teils unmittelbar, teils mittelbar).

Hinweis: Auf Vorlage des BFH hat der EuGH die Steuervergünstigung aus § 6a GrEStG als nicht unionsrechtswidrige Beihilfe beurteilt (EuGH-Urteil vom 19.12.2018, Rs. C 374/17, A-Brauerei).

Finanzverwaltung

Nach Auffassung der Finanzverwaltung (dargelegt in einem gleichlautenden Ländererlass vom 19.6.2012) ist für den jeweiligen Umwandlungsvorgang ein entsprechender „Verbund“ aus dem herrschenden und der bzw. den an der Umwandlung beteiligten abhängigen Gesellschaft(en) zu bestimmen. Umwandlungsvorgänge, durch die ein solcher „Verbund“ erst begründet bzw. beendet wird, sind nach § 6a GrEStG nicht begünstigt. Ferner besteht die Finanzverwaltung streng auf die Einhaltung der Vor- und Nachbehaltensfristen des herrschenden Unternehmens an der bzw. den abhängigen Gesellschaft(en).

Entscheidungen des BFH

Grundsätzliche Anwendbarkeit des § 6a GrEStG

In einer der Entscheidungen vom 21. und 22.8.2019 (die Az. lauten II R 15/19 bis 21/19) spricht sich der BFH gegen die enge Auslegung des Konzernbegriffs („Verbund“) der Finanzverwaltung aus und stellt klar, dass sowohl horizontale als auch vertikale Verschmelzungen gem. § 6a GrEStG begünstigt werden sollen.

Der BFH bejahte ausdrücklich die Anwendbarkeit von § 6a GrEStG auf Umwandlungsvorgänge, bei denen ein neuer Rechtsträger z.B. durch Ausgliederung/Abspaltung aus dem herrschenden Unternehmen entsteht oder der Rechtsträger durch Verschmelzung auf das herrschende Unternehmen erlischt.

Einhaltung der Fristen

Weiterhin ging der BFH in den angesprochenen Entscheidungen auf die Vorbehaltens- und Nachbehaltensfristen des § 6a GrEStG in verschiedenen Konstellationen ein. Danach müssen die Fristen insoweit eingehalten werden, als sie aufgrund des Zwecks der Vorschrift zur Steuerbegünstigung von Umwandlungsvorgängen überhaupt eingehalten werden können, im Einzelnen:

(1) Verschmelzung einer abhängigen Gesellschaft auf ein herrschendes Unternehmen: Hier ist die 5-jährige Vorbehaltensfrist durch das herrschende übernehmende Unternehmen zu beachten. Die 5-jährige (nicht erfüllbare) Nachbehaltensfrist ist aufgrund des Erlöschens der abhängigen verschmolzenen Gesellschaft obsolet.

(2) Verschmelzung einer abhängigen Gesellschaft auf eine andere abhängige Gesellschaft: Hier ist die 5-jährige Vorbehaltensfrist durch das herrschende Unternehmen in Bezug auf beide abhängigen Gesellschaften zu beachten. Die 5-jährige Nachbehaltensfrist ist dabei durch das herrschende Unternehmen nur für die abhängige übernehmende Gesellschaft zu beachten. Die Nachbehaltensfrist ist aufgrund des Erlöschens der abhängigen verschmolzenen Gesellschaft obsolet.

(3) Ausgliederung zur Entstehung einer abhängigen Gesellschaft durch das herrschende Unternehmen: Hier ist die 5-jährige Nachbehaltensfrist durch das herrschende ausgliedernde Unternehmen zu beachten. Die 5-jährige Vorbehaltensfrist ist aufgrund des Entstehens der abhängigen ausgegliederten Gesellschaft durch die Ausgliederung obsolet.

(4) Abspaltung zur Entstehung einer abhängigen Gesellschaft durch das herrschende Unternehmen: Hier ist die 5-jährige Nachbehaltensfrist durch das herrschende abspaltende Unternehmen zu beachten. Die 5-jährige Vorbehaltensfrist ist aufgrund des Entstehens der abhängigen abgespaltenen Gesellschaft durch die Abspaltung obsolet.

Gestaltungsmöglichkeiten

Aufgrund der BFH-Entscheidungen und damit der weiten Auslegung des § 6a GrEStG sind u.a. die nachfolgenden konzerninternen Umstrukturierungsmaßnahmen steuerbefreit:

  • Die Verschmelzung einer 100%igen Tochtergesellschaft mit Grundbesitz auf die Muttergesellschaft im Zuge eines Up-Stream-Mergers.
  • Die Verschmelzung von zwei jeweils 100%igen Tochtergesellschaften mit Grundbesitz aufeinander durch die Muttergesellschaft.
  • Die Abspaltung zur Neugründung eines Teilbetriebs einschließlich Grundbesitz als eine dadurch neu gegründete Schwesterkapitalgesellschaft durch die 100%ige Muttergesellschaft.
  • Die Ausgliederung zur Neugründung eines Teilbetriebs einschließlich Grundbesitz als eine dadurch neu gegründete Schwesterkapitalgesellschaft durch die 100%ige Muttergesellschaft.

Fazit: Der Gesetzgeber wollte mit der Einführung des § 6a GrEStG Umstrukturierungen erleichtern. Die Finanzverwaltung hat dann den Anwendungsbereich der Steuerbegünstigung durch eine restriktive Auslegung der Norm erheblich eingeschränkt. Dies ist mit dem Sinn und Zweck der Regelung, Umstrukturierungen im Konzern zu erleichtern, nicht vereinbar. Der BFH hat daher der von der Finanzverwaltung vertretenen restriktiven Auslegung zu Recht auf ganzer Linie eine Absage erteilt. Sie muss ihre Verwaltungsanweisungen nun grundlegend überarbeiten, um der Gesetzeslage wieder gerecht zu werden.

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