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Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung bei dem GrEStG unterliegenden Umsätzen

Optionsausübung und Auswirkungen des Verzichts

Gem. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG sind Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) fallen, von der Umsatzsteuer befreit. Demzufolge ist auch der Vorsteuerabzug des leistenden Unternehmers aus den damit zusammenhängenden Eingangsumsätzen unzulässig. Durch den Verzicht auf die Steuerbefreiung gem. § 9 Abs. 1 UStG wird der leistende Unternehmer jedoch in die Lage versetzt, den Vorsteuerabzug vornehmen zu können. Zugleich besteht für den Abnehmer grundsätzlich die Möglichkeit, die vom leistenden Unternehmer in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abzuziehen.

Allgemeine gesetzliche Vorgaben

Steuerbare Umsätze, die unter das GrEStG fallen, sind gem. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei. Das gilt auch dann, wenn eine grunderwerbsteuerliche Befreiungsvorschrift eingreift. Unter die Umsatzsteuerbefreiung fallen insbesondere Umsätze mit unbebauten und bebauten Grundstücken, aber auch Bestellungen und Übertragungen von Erbbaurechten sowie die Übertragung von Miteigentumsanteilen an Grundstücken.

Der Unternehmer kann allerdings gem. § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerbefreiung verzichten (Option), wenn der entsprechende Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Er kann dabei für jede einzelne steuerfreie Leistung gesondert entscheiden, ob zur Umsatzsteuerpflicht optiert werden soll (Teiloption). Dies kommt insbesondere bei dem Verkauf von Gebäuden mit unterschiedlichen Nutzungsarten der Gebäudeteile durch den Erwerber in Betracht, beispielsweise wenn dieser ein bebautes Grundstück mit der Absicht erwirbt, das Erdgeschoss steuerpflichtig an einen gewerblichen Mieter, das obere Geschoss jedoch steuerfrei zu Wohnzwecken an Dritte zu vermieten. Die Option kann allerdings für die entsprechenden Gebäudeteile nur zusammen mit dem dazugehörigen Grund und Boden ausgeübt werden. 

Für die Ausübung der Option kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Leistungsempfänger selbst steuerpflichtige oder steuerfreie Umsätze ausführt und deshalb möglicherweise nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist. Eine Ausnahme besteht bei der Bestellung und Übertragung von Erbbaurechten. Bei dieser Art von Umsätzen ist zu beachten, dass eine Optionsausübung nur zulässig ist, wenn der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.

Frist und Form der Optionsausübung

Der Verzicht auf die Steuerbefreiung kann nur in einem gem. § 311b Abs. 1 BGB notariell zu beurkundenden Kaufvertrag erklärt werden. Ein späterer Verzicht ist unwirksam, selbst wenn dieser ebenfalls notariell beurkundet wird. Bei Grundstückslieferungen im Zwangsversteigerungsverfahren ist der Verzicht nur bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten zulässig.

Auswirkungen des Verzichts auf die Steuerfreiheit

Durch den Verzicht auf die Steuerfreiheit einer im Inland steuerbaren Grundstückslieferung entsteht deutsche Umsatzsteuer. Da sich der Ort der Leistung nach der Belegenheit des Grundstücks richtet, spielt es keine Rolle, ob der leistende Unternehmer im In- oder Ausland ansässig ist. Wegen § 13b UStG kommt es zum Wechsel der Steuerschuldnerschaft vom liefernden Unternehmer auf den Leistungsempfänger. Dem Leistungsempfänger obliegt es demnach, die Steuer zu berechnen, einzubehalten, zu erklären und abzuführen. Der liefernde Unternehmer ist lediglich verpflichtet, den Umsatz in seiner Jahresumsatzsteuererklärung anzugeben. 

Der Leistungsempfänger hat unter den Voraussetzungen des § 15 UStG einen Anspruch auf Vorsteuerabzug. Auch der leistende Unternehmer kann die Vorsteuer in Bezug auf die mit den Grunderwerbsumsätzen in Verbindung stehenden Eingangsumsätze geltend machen, sofern die übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG gegeben sind.

Aktuelle Rechtsprechung zum Widerruf der Option

Der Verzicht auf die Steuerfreiheit bei der Lieferung von Grundstücken kann gem. der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung grundsätzlich nicht durch einen späteren Widerruf unwirksam gemacht werden, selbst wenn dieser notariell beurkundet wird. 

Mit Beschluss vom 2.7.2021 (Az.: XI R 22/19) entschied aber der BFH, dass der Widerruf des Verzichts auf die Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG auch außerhalb des dem Rechtsgeschäft zugrundliegenden notariellen Vertrags noch solange möglich sein soll, wie die Steuerfestsetzung des Leistungsempfängers für das Jahr der Leistungserbringung noch durch Einspruch angefochten werden oder aufgrund eines bestehenden Vorbehalts der Nachprüfung noch ein Antrag auf Änderung gestellt werden kann. Die Bindung an den ursprünglichen notariell zu beurkundenden Vertrag bezieht sich nach Auffassung des Gerichts nur auf den Verzicht auf die Steuerbefreiung, um den Leistungsempfänger vor einer nachträglichen Steuerschuld zu schützen. Ein Widerruf des Verzichts auf die Steuerbefreiung führe beim Leistungsempfänger allerdings zu einer steuerlichen Entlastung und komme ihm daher gerade zugute.

Fazit und Empfehlungen

Die Vorschrift des § 9 UStG bietet Unternehmern bei Grundstücksumsätzen bestimmte Gestaltungsmöglichkeiten. Sofern die Umsätze an einen Unternehmer erbracht werden und die Behandlung der Umsätze für den Vorsteuerabzug des Verkäufers von Bedeutung sind, sollte überlegt werden, ob eine Option zur Umsatzsteuerpflicht vorteilhaft wäre. Im Hinblick auf die Zulässigkeit der Option ist zu klären, ob der Käufer das Grundstück für sein Unternehmen erwirbt (und nicht etwa als Privatperson). Bei der Bestellung und Übertragung von Erbbaurechten ist zusätzlich zu klären, ob der Leistungsempfänger das Grundstück für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.

Durch die Entscheidung des BFH ist der Gestaltungspielraum für Steuerpflichtige, die ursprünglich auf die Steuerbefreiung für Grundstückslieferungen verzichtet haben, grundsätzlich größer geworden. Ein Widerruf des Verzichts sollte entgegen der bisherigen Auffassung noch solange möglich sein, wie der entsprechende Steuerbescheid änderbar ist. 

Hinweise: Unklar ist allerdings, wie die Finanzverwaltung mit dieser Rechtsprechung umgehen wird. Bisher wendet sie diese noch nicht an. Somit könnte es erforderlich werden, den späteren Widerruf des Verzichts finanzgerichtlich durchzusetzen. Eine nachträgliche Optionsausübung zur Steuerpflicht in einer nachfolgenden Neufassung oder Ergänzung dieses Vertrags bleibt allerdings weiterhin ausgeschlossen.

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