Zum Inhalt springen

Sie sind hier:

Weitreichende Ausweitung der Grunderwerbsteuerpflicht zum 1.7.2021

Die schon länger geplanten Änderungen des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) werden jetzt vermutlich kurzfristig mit Wirkung zum 1.7.2021 umgesetzt. Der am 21.4.2021 im Bundestag beschlossene Gesetzentwurf bringt eine umfangreiche Ausweitung der Grunderwerbsteuerpflicht. Erklärtes Ziel ist ein konsequentes Vorgehen gegen Share Deals von Immobiliengesellschaften mit sog. RETT-Blocker-Strukturen, bei denen die Real Estate Transfer Tax bzw. die Grunderwerbsteuer weitestgehend vermieden wird. Die gesetzlichen Änderungen sind jedoch viel weitreichender und betreffen im Ergebnis alle Unternehmen, die Grundstücke halten, und deren Gesellschafter.

Beschlussempfehlung vom Bundestag angenommen

Wenn Anteile an Unternehmen übertragen werden, die direkt oder indirekt Grundbesitz halten, kann Grunderwerbsteuer (GrESt) ausgelöst werden. In der Praxis lässt sich die GrESt bei der Übertragung von Anteilen an Gesellschaften („Share deal“) mit Grundbesitz durch entsprechende Gestaltungen weitestgehend vermeiden. Am 23.9.2019 wurde ein Regierungsentwurf mit dem Ziel erlassen, bestimmte gestalterische Maßnahmen in der Grunderwerbsteuer einzudämmen. Der Finanzausschuss hat nun am 14.4.2021 gegenüber dem Bundestag eine Beschlussempfehlung ausgesprochen, der dieser am 21.4.2021 gefolgt ist. Die Kernpunkte sind: 

  • Einführung eines neuen Ergänzungstatbestands für Kapitalgesellschaften;
  • Absenkung der Beteiligungsgrenze von 95% auf 90%;
  • Verlängerung der Fristen auf 10 bzw. 15 Jahre.

Geltende Rechtslage mit 95%-Grenze bei Share Deals

Grundsätzlich ist ein Share Deal ein oft angewandtes Mittel, um GrESt bei Grundstücksgeschäften zu vermeiden.

Nach aktueller Rechtslage wird keine GrESt fällig, wenn weniger als 95% der Anteile einer Gesellschaft mit Grundbesitz übertragen werden. Werden hingegen mindestens 95% der Anteile übertragen, ist zwischen der Immobilien-Kapitalgesellschaft und der Immobilien-Personengesellschaft zu differenzieren. Bei Kapitalgesellschaften kauft in der Praxis oftmals ein Hauptinvestor nur 94% der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft, ein Co-Investor die anderen 6% der Anteile; GrESt fällt dabei nicht an. Es können also sämtliche Anteile zeitgleich übertragen werden, wenn auch nicht alle von derselben Person erworben werden dürfen. 

Hinweis: Die Übertragung im zweiten Schritt darf nicht auf denselben Investor erfolgen, der bereits im ersten Schritt Anteile erworben hat. Sollte dies doch der Fall sein, wird GrESt bezogen auf sämtliche Anteile ausgelöst, weil der Tatbestand der „Vereinigung“ von mindestens 95% „in einer Hand“ vorliegt. 

Neue Rechtslage bringt Verschärfungen

Nach dem Gesetzentwurf wird ab dem 1.7.2021 nicht mehr zwischen Immobilien-Kapitalgesellschaft und Immobilien-Personengesellschaft differenziert. Zudem werden 

  • die die GrESt auslösende Grenze von 95% der Anteile auf 90% gesenkt und 
  • die Sperrfrist, in der Anteilserwerbe zusammenzurechnen sind, auf 10 Jahre verlängert. 

Unabhängig von der Rechtsform können dann nur noch maximal 89,9% der Anteile innerhalb von 10 Jahren grunderwerbsteuerneutral übertragen werden. Bei Überschreiten der Schwelle von 90% innerhalb der Frist wird ein Grundstückserwerb fingiert und es entsteht GrESt auf den gesamten Grundstückswert.

Eine weitere maßgebliche Änderung hat sich für Immobilien-Personengesellschaften in Bezug auf die Nichterhebungsnorm des § 6 GrEStG ergeben. Bisher können Grundstücke ohne GrESt von einem Gesamthandsvermögen auf ein anderes bei personenidentischer Beteiligung übertragen werden, sofern das Grundstück fünf Jahre davor und danach im Eigentum der jeweiligen Gesellschaft steht. Zukünftig wird die Vorbehaltensfrist bei der übertragenden Gesellschaft 15 Jahre betragen.

Empfehlung: Während bislang bis zu 94,9% der Anteile übertragen werden konnten, sollte ab dem 1.7.2021 zwingend darauf geachtet werden, nicht mehr als 89,9% der Anteile in Summe zu übertragen. Andernfalls wird die Übertragung sowohl für Kapitalgesellschaften als auch Personengesellschaften mit GrESt belastet.

Zurück zur Übersicht
Zurück zum Seitenanfang