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Wird das Home Office durch Corona zur Betriebsstätte?

Aufgrund der globalen Pandemie arbeiten Arbeitnehmer zum Teil ausschließlich aus dem Home Office (HO). Sofern der Arbeitnehmer in einem anderen Staat lebt, stellt sich für die Unternehmen die Frage, ob insoweit eine Betriebsstätte mit steuerlichen Folgen in einem anderen Staat begründet wird.

Grundsätzliche Einordnung

Generell kann die Frage, ob das Home Office (HO) eine Betriebsstätte begründet, nur in der Gesamtschau aus den nationalen Regelungen der jeweiligen Einzelstaaten sowie den internationalen Regelungen (u.a. Doppelbesteuerungsabkommen sowie OECD-Verlautbarungen) bestimmt werden und muss daher individuell je Staat geprüft werden.

Werden Tätigkeiten für das Unternehmen ortsbezogen und mit einer gewissen Dauerhaftigkeit ausgeübt, kann eine Betriebsstätte vorliegen, wenn der Arbeitgeber über den Ort ausreichende Verfügungsmacht besitzt. Dies ist bei einem HO nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig nicht der Fall, außer wenn dem Arbeitgeber eine faktische oder rechtliche Möglichkeit hierzu eingeräumt wurde.Hinweis: Ist die erbrachte Leistung für das Unternehmen „nur“ vorbereitender Art oder stellt sie eine Hilfstätigkeit dar, wird das HO i.d.R. selbst dann nicht zur Betriebsstätte.

Ausnahmen: Vertreter- und Geschäftsleitungsbetriebsstätte

Anders verhält es sich jedoch, falls es sich um Personen handelt, die im Außenverhältnis berechtigt sind, das Unternehmen zu vertreten und Verträge abzuschließen. In diesem Fall könnte eine sog. Vertreterbetriebsstätte begründet werden. Arbeitet die Geschäftsleitung eines Unternehmens ausschließlich oder nahezu ausschließlich im HO, könnte sich der Ort der Geschäftsleitung in die HOs verlagert haben und je Geschäftsführer eine Betriebsstätte vorliegen.

Hinweis: In diesen beiden Fällen der Vertreter- und der Geschäftsleitungsbetriebsstätte bedarf es keiner Geschäftseinrichtung, um rechtlich eine Betriebsstätte zu begründen.

Steuerliche Konsequenzen bei Qualifikation des HO als Betriebsstätte

Wird das HO grenzüberschreitend zur Betriebsstätte, führt dies über den Betriebsstättenvorbehalt zur Steuerpflicht im Ausland – mit der Gefahr einer Doppelbesteuerung. Dazu kommen Registrierungs- und steuerliche Erklärungspflichten im Ausland mit eigenständiger Gewinnermittlung pro Betriebsstätte.

Trend und Änderungen durch Corona

In letzter Zeit ist ein Trend zu erkennen, dass bei der Frage, ob eine Betriebsstätte vorliegt, nicht mehr auf das Erfordernis der Verfügungsmacht abgestellt wird. Im OECD-Musterkommentar vom 21.11.2017 (immer noch aktuell maßgebend, s.u. https://doi.org/10.1787/mtc_cond-2017-en) wurden erstmals die Voraussetzungen aufgezeigt, unter denen ein HO eine Betriebsstätte darstellen kann. Dies ist dann der Fall,

  • wenn der Arbeitnehmer auf Weisungen des Arbeitgebers das HO regelmäßig oder durchgehend nutzt oder
  • wenn er kein Büro zur Verfügung gestellt bekommt, obwohl dies die Tätigkeit erfordert.

Im letzten Jahr hat die OECD dann mit Schreiben vom 3.4.2020 auf die geänderten Verhältnisse in der Arbeitswelt reagiert und dargelegt, dass aufgrund des außergewöhnlichen Charakters dieser globalen Pandemie die vorübergehende oder dauerhafte Tätigkeit im HO zum Zwecke der Kontaktreduktion und damit aus Gründen des Gesundheitsschutzes regelmäßig keine Betriebsstätte begründet, weil es sich bei der Pandemie insoweit um höhere Gewalt handele.

Hinweis: Es zu beachten, dass die Ausführungen der OECD keine rechtliche Bindungswirkung entfalten. Tendenziell wird das HO aber zunehmende Bedeutung für die grenzüberschreitende Besteuerung auch in Zeiten nach Corona haben. Daher ist die weitergehende Entwicklung nach Ende der Pandemie abzuwarten.

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